Barclays X1 Anleihe
Nachdem der Europäische Gerichtshof bereits in der Rechtssache Kolassa die internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte bejaht hatte, wurde in einem Parallelverfahren vom Obersten Gerichtshof neuerlich die Zuständigkeitsfrage an den EuGH herangetragen. Eine Klägerin hatte in die X1 Anleihe der Barclays Bank PLC investiert, und der OGH ersuchte den EuGH um eine Präzisierung der im Fall Kolassa getroffenen Feststellungen, nämlich ob eine Zuständigkeit österreichischer Gerichte prinzipiell besteht und falls ja, welches Gericht örtlich zuständig ist. Als Anknüpfungspunkte kommen in dieser Hinsicht der Ort, an dem sich das Bankkonto , von dem aus die klagsgegenständliche Investition erfolgt ist, ebenso in Betracht wie auch der Wohnsitz der Kläger. Am 12. September 2018 konnte dieser Zwischenstreit um die internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte nunmehr endgültig beendet werden, da sich der EuGH der Argumentation der Klagsvertretung vollinhaltlich anschloss und feststellte, dass 1. die internationale Zuständigkeit vor österreichischen Gerichten gegeben ist und 2. jenes Gericht örtlich zuständig ist, an dem sich der Wohnsitz der klagenden Partei befindet. Die vollständige Entscheidung des EuGH finden Sie hier:
Aigner Lehner Zuschin 12.09.2018, RA Mag. Lukas Aigner
Aigner Lehner Zuschin vertreten über 200 Investoren im Zusammenhang mit einer von der Barclays Bank PLC in Österreich vertriebenen Anleihe mit dem Verkaufsnamen „X1“ bzw. später „X2“.
Die X1 Anleihe sollte laut Darstellung von Barclays in den Verkaufsunterlagen ein breit gestreutes Investment in Investmentfonds verkörpern, die nach besonderen Gütekriterien ausgesucht würden. Tatsächlich wurden die Gelder entgegen der Darstellung im Verkaufsprospekt in erster Linie in Derivativgeschäfte und einen einzigen Fonds veranlagt, wobei der Manager zusätzlich Kredithebel einsetzte und zwar mit Barclays als Kontrahent.
Aufgrund fehlender Überwachung der Tätigkeit des Managers und der Konzentration der Gelder in nur einem Fonds, der wiederum im Einflussbereich des Managers stand, konnten die Gelder zum Teil veruntreut werden. Der Fonds, in welchen die Gelder investiert wurden, ist mittlerweile in Liquidation.
Obwohl die Anleihe mittlerweile zur Auszahlung fällig geworden ist, hat die Barclays Bank hinsichtlich des Verbleibs der Gelder nach wie vor nicht Rechnung gelegt.
Die Investoren wurden im Wege der Prospektinformation massiv über die wahren Risiken und vor allem die eigentliche Konstruktion des Fonds getäuscht. Wir haben daher für die Geschädigten Investoren in über hundert Fällen vor heimischen Gerichten Klagen eingebracht.
Aufgrund der Bestreitung der inländischen Zuständigkeit der österreichischen Gerichte durch Barclays, wurde die Frage der Zuständigkeit bis vor den Europäischen Gerichtshof getragen. In der Entscheidung aus März 2015 hat der EUGH die Frage der Zuständigkeit im Sinn unserer Rechtsmeinung gelöst. Da die Entscheidung des EUGH nur die Leitlinie für die inländischen Gerichte vorgibt, befasst sich derzeit das OLG Linz mit der Zuständigkeitsfrage. Das Landesgericht Salzburg hat die internationale Zuständigkeit bejaht, die mittlerweile auch vom Oberlandesgericht Linz bestätigt wurde.
Das Verfahren wird nunmehr in der Sache fortgesetzt werden.
In der Zwischenzeit hat auch die Capital Bank AG, die Depotbank der meisten Kunden mit dem Produkt X1 ist, Barclays aufgefordert, über den Verbleib der Gelder Rechnung zu legen. Barclays hat bisher offenbar nicht geantwortet.
Aigner Lehner Zuschin 03.05.2016, RA Mag. Lukas Aigner